Seit das CRISPR/Cas-System vor gut zehn Jahren entdeckt wurde und zur Nutzung in eukaryotischen Zellen eingeführt wurde, ist in der Gentechnik neue Hoffnung für die Einsetzbarkeit der Gentherapie entstanden. Aber welche Form der Gentherapie?
Umfassende Experimenten mit CRISPR/Cas in Säugetierkeimbahnzellen haben gezeigt, dass die Technik hier nicht sicher einsetzbar ist, weil diese Rekombinationstechnologie zu viele schwere unerwünschte Wirkungen hervorruft. Dazu gehören unbeabsichtigte Punktmutationen, aber auch massive chromosomale Aberrationen wie Chromothripsis oder Verlust der Heterozygotie, die in 30 to 40 Prozent aller der CRISPR-Cas9-Mutagenese unterworfenen humanen embryonalen Stammzellen auftreten. Die Nutzung von CRISPR-Cas9 in der menschlichen Keimbahn würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu genetisch beschädigten humanen Chimären führen.
Doch wie sieht es mit dem Einsatz von CRISPR/Cas in der somatischen Gentherapie aus? Es gibt in der Tat zwei Bereiche, für die dies realistisch in’s Auge gefasst werden kann: (i) extrakorporale Genmanipulation in vitro an entnommenen Zellen der Blutzirkulation oder deren Vorläuferzellen, und (ii): in Organen mit guter Zugänglichkeit und anatomischer Abgrenzung des Eingriffsbereichs.
Möglichkeiten und Herausforderungen
Der Einsatz von CRISPR/Cas zur Gentherapie in vitro ist beispielsweise bei Hemoglobinopathien wie Sichelzellanämie oder Beta-Thalassämie möglich und hat den Vorteil, dass die Einbringung des CRISPR/Cas Proteinkomplexes samt der für Mutagenes benötigten Nukleinsäuren (gRNA, Template) in die Zielzellen mit Hilfe von Elektroporation viel einfacher vollzogen werden kann als in vivo mit Vektoren. Die Zielzellen können dem Körper entnommen und isoliert werden, bevor sie genetisch verändert und dann – wenn auch ohne vollständige Gewissheit – auf unbeabsichtigte Wirkungen untersucht werden können, bevor man sie wieder in den Blutkreislauf injiziert. Dadurch ist auch eine exakte Dosierung der gentechnisch therapeutischen Prinzips möglich.
Für somatische Zellen solider Organe in situ ist die Prozedur allerdings viel komplizierter, weil man Vektoren einsetzen muss. Dabei können zahlreiche Probleme auftreten.
Erstens, Adressierung der Zellen: Lipidnanopartikle können in der Leber hängen bleiben und sich nicht im Zielorgan anreichern. Die Frage der Toxizität verschiedener Lipide ist auch noch nicht endgültig geklärt. Virale Vektoren können Immunreaktionen hervorrufen, was ihre Wirksamkeit mindern oder vereiteln kann. Ihre Nukleotid-Transportkapazität ist außerdem begrenzt. Insgesamt gibt es keine Möglichkeit der genauen Dosierung.
Zweitens, Spezifität: Es kann schwierig sein, die Expression des CRISPR-Systems auf die richtigen Zellen im Zielorgan zu beschränken, auch wenn spezifische Promotoren verwendet werden.
Drittens, Sicherheit: Das CRISPR/Cas System kann auch in somatischen Zellen unerwünschte Punktmutationen und chromosomale Aberrationen erzeugen, die Krebs oder andere systemische Leiden wie Autoimmunerkrankungen hervorrufen können. Dieses Problem kann bei beiden Arten der somatischen Gentherapie auftreten, ist jedoch bei der Organtherapie ernsthafter, weil die mutierten Zellen nicht auf Schäden hin untersucht werden können, sondern ja bei der Therapie entstehen.
Derzeit ist das Auge das vielversprechendste Organ für somatische Gentherapie, da die Retina als Teil des Gehirns hinter der Blut-Hirn-Schranke liegt und sie anatomisch von anderen Organen durch die Orbita abgegrenzt ist. Zahlreiche klinische Studien sind derzeit im Gang.
Schlussfolgerungen
Somatische Gentherapie mit CRISPR/Cas und anderen Verfahren ist immer noch in den Kinderschuhen – wie bereits seit den 1990ern. Doch wurden seitdem viele Hindernisse überwunden, und so wird es auch weiter vorangehen. Derzeit sind die vielversprechendsten Anwendungen extrakorporal, weil die genetisch veränderten Zellen auf Schäden des Verfahrens hin durchmustert werden können, was in situ nicht möglich ist.
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